Freitag, 12. Juli 2013

Onkel Ho und ich

Wie ihr schon wisst, ging es runter in den Sueden. Strand und Sonne standen an der Tagesordnung. 
Mit einem schrecklichen sleeping bus (ihr werdet das verstehen, wenn ich euch Fotos zeigen kann) fuhren wir eine ganze Nacht nach Hue - noch ohne Strand, dafuer ueber 40 Grad und ausgeliehene Fahrrader. Mit denen wollten wir zur alten Zitadelle fahren, der alten Schildkroete ueber den Kopf streichen und fuer immer mit Glueck gesegnet zu werden. Nach 2 von 10 Kilometern kam uns ein Sonnenbrand dazwischen, der aus uns in Windeseile gekochten Hummer machte. Wir verzichteten auf immerwaehrendes Glueck und fuhren zurueck. 
Gleich am naechsten Tag ging es weiter der Missiom "Strand" entgegen: Wir zogen weiter nach Hoi An. Ein wunderbares kleines Staedtchen, abends voller bunter Lampions, leckerem Essen, billigen und leckeren Mojitos und STRAND!!! Mit Palmen!!! Das Wasser war ebenfalls wunderbar.Drei Naechte blieben wir dort, dann leisteten wir uns einen Flug nach Nha Trang.
Nha Trang, das heisst: Sonne, Strandliegen, frisches Krebsfleisch, leckere Mojitos... und das alles auf russisch! Die haben dort naemlich eingezogen und praenstieren sich mit schickster Bademode am Strand. Haettet ihr diese quietschgelben kurzen Badeshorts gesehen, wuesstet ihr, was ich meine ;) 
Ewig konnten wir dort auch nicht bleiben, ausserdem hatte ich nach wie vor die Hoffnung auf ein billigeres Hotel. Wurde enttaeuscht. 
In Saigon hatten wir doch dann tatsaechlich unser teuerstes, obwohl runtergehandeltes, dafuer aber auch luxurioesestes Zimmer. Saigon war, wie sein Name schon andeutet, toll. Grosse, breite Avenuen, alte Grandhotels nach franzoesischem Vorbild, faszinierende chinesische Tempel... Wir liessen uns durch die Stadt treiben. 
Saigon heisst ja offiziell auch gar nicht mehr Saigon, sonder Ho Chi Minh City, HCMC. Ueber den guten Onkel Ho wusste ich bisher wenig, kannte nur eine kleine Anekdote aus einem meiner 68er-Seminare: Demonstrierende Studenten laufen durch die Konstanzer Niederburg, lauthals "Ho-Ho-Ho-Chi-Minh" skandierend. Ein aelterer Einwohner oeffnet sein Fenster und bruellt den Studenten entgegen: "Ho, Ho Ho Narro!". Gute Geschichte, oder? Das, was ich daraus jedenfalls schlussfolgern konnte, war das der Gute wohl ein linker Diktator sein muss - was sonst bringt einem die Bewunderung der aufgebrachten Studenten ein? Hier lerne ich, dass Ho Chi Minh der coolste Typ unter der Sonne gewesen sein muss. Sein Volk hat er nicht nur gerettet, sondern alles fuer es getan. Noch dazu war er weise und herzlich. Er hat Vietnam auf Schwung gebracht und nur deshalb geht es dem Land heute besser (was so ein Abstecher in ein politisch-historisch neutrales Museum nur bringt). 
 Von der "dem Land geht es gut"-Geschichte hoeren wir bei einem Ausflug zu den Cu Chi Tunneln mehr. Diese Tunnel liegen ca. 4 Stunden von Saigon entfernt. Bestimmt wisst ihr alle, warum die Vietnamesen Tunnel gruben, eben, um den Ami zu bekaempfen. Sie bauten winzige, niedrige Tunnel, ausgestattet mit Belueftungssystem (das war sogar so gut, dass es darin auch Kuechen gab). So konnten sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sich vor dem Feind verstecken und ihn hinterhaeltig ueberraschen. 
Unser Guide, heute 71 Jahre alt, war damals im Vietnamkrieg als Uebersetzer taetig. Seine Motivation: Auf keinen Fall eine Waffe benutzen wollen. Ihm blieben die Tunnel aber erspart. Dafuer musste er nach dem Krieg drei Jahre in ein Umerziehungslager und danach 14 Jahre auf einer Kollektivfarm schuften. Onkel Ho hat also fuer alle gesorgt. Dieser Mann ist heute trotz allem eine faszinierend froehliche Person, der leidenschaftliche Appelle an seinen Bus voller Touris gerichtet hat. Er konnte naemlich im Lauf seines Lebens feststellen, dass doch alle Menschen same-same sind. Alle weinen, wenn etwas Schreckliches passiert und alle lachen ueber schlechte Witze. Das sollen doch mal alle kapieren! Was er ausserdem ueberhaupt nicht verstuende, das seien schlechtgelaunte reiche Menschen, die immer mehr und mehr wollten. Wozu denn? - Ich kann euch auf jeden Fall sagen, die lange Busfahrt hat er sehr interessant gestaltet. Auf Fragen jeder Art hatte er eine Antwort und er erzaehlte noch viel mehr Kriegsgeschichten (die ich euch aber erspare). 
Viel laenger hielten wir es allerdings bei Onkel Ho nicht aus. Ja, die Landschaft dort ist sehr schoen. Und ich haette bestimmt noch mehr ueber den grossen Retter lernen koennen. Was uns ueberhaupt nicht gefallen hat, das waren die Vietnamesen. Unfreundlich, unhoeflich bis zum Schluss, immer nur darauf bedacht, uns alles zu verkaufen. Das war ziemlich nervig. Im ersten und einzigen Schlafbus bin ich heftig mit dem Schaffner aneinandergeraten und wenn J nicht eingegriffen haette, weiss ich nicht, wem von uns zuerst der Geduldsfaden gerissen waere. Das lag uebrigens daran, dass ich meine Schuhe nicht an der Stelle auszog, die er vorgesehen hatte. Also riss er an meinem TShirt, um mich zurueck zu ziehen. Ich reagierte entsprechend, das koennt ihr euch wohl ausmalen :) Danach wurde ich weiterhin staendig betatscht und es wurde weiter an meinen Klamotten gerissen, aber ich habe immer grosszuegug versucht, es zu ignorieren.
Urlaub sieht jedenfalls anders aus. Deshalb: Waehrend ich euch jetzt hier schreibe, bin ich uebrigens schon wieder auf heimischem Boden: Koh Chang im Golf von Thailand, noch bis Ende des Monats. Falls ihr neidisch werden wollt, werdet es nicht, hier ist Regenzeit und ab und zu regnet es. Wenn nicht, dann ist der Strand traumhaft. 
(Jetzt hab ich euch richtig zugetextet, Verzeihung! Aber mit so einem Strand vor der Tuer habt ihr erstmal Ruhe vor mir :))